„… Am 3. April 2009 veranstalteten wir eine kleine Feier zum 97. Geburtstag. Sie fragte: „Bin ich 100? Ich sagte ihr, nein, 97. Sie wünschte sich ein gegrilltes Sandwich mit Corned Beef, Käse und Sauerkraut. Ich holte ihr eins. Sie aß es…“
Roz Chast erzählt die Geschichte der letzten Jahre ihrer Eltern, der letzten Jahre mit ihren Eltern, die immer mehr Hilfe brauchen, keine Einmischung dulden, misstrauisch werden, schwächer, das Haus nicht mehr verlassen wollen, Geschichten erzählen, die sich in ihren Köpfen verändern, die nicht ohneeinander leben können, sich streiten, die Mutter bevormundend, der Vater hilflos.
Sie erzählt und zeichnet Portraits und Bildergeschichten, der letzten Jahre, über das Altern, den körperlichen und geistigen Abbau, die fünf Phasen des Sterbens.
„Können wir nicht über was anderes reden? – Meine Eltern und ich“ ist der Titel ihres Buches, das berührt. „Können wir nicht über was anderes reden?“ fragen die Eltern jedes Mal bestimmend, wenn es um Altersvorsorge geht, um Regelunge, die getroffen werden müssen, wenn die Eltern nicht mehr selber für sich selber sorgen können.
Wie Roz Chast, die dieses bewegende Buch geschrieben und gezeichnet hat, geht es irgendwann den meisten von uns. Die Veränderung beginnt langsam. Erst ist sie kaum zu spüren. Vielleicht ist die Mutter zunächst etwas herrischer als sonst, der Vater wird vergesslicher. Dann folgen Stürze der Mutter, weil sie sich zu viel zumutet, der Vater ist desorientiert, sobald er seine Frau nicht in der Nähe hat.
Rotz Chast ist die einzige Tochter und muss sich damit auseinander setzen, ob sie ihre Eltern alleine lassen kann, wie viel Hilfe sie brauchen, und wie sie die Versorgung ihrer 95-Jährigen Eltern leisten kann.
Das Buch tut gut.
Roz Chast erzählt, beschreibt, zeichnet. Und immer mehr erkennt man die eigenen Eltern, die eigenen Sorgen um die Eltern wieder. Und plötzlich weiß man: Die meisten erleben das Altern der Eltern auf die gleiche Weise, erleben die gleichen Sorgen, die gleichen Ängste. Man beginnt zu verstehen: die Eltern, die Kinder und dass genau das zum Leben dazu gehört und fragt sich, wie man selbst wohl in dem Alter sein wird.
Die Geschichten der Mutter werden immer skurriler bis sie schließlich Abschied nimmt, so wie der Vater der Autorin ein Jahr davor. Sie schläft viel, isst kaum noch etwas, spricht nicht mehr bis sie schließlich stirbt.
Roz Chast hat die Geschichten aus allen Phasen aufgeschrieben. Die liebevollen Zeichnungen liefern ein zärtliches Bild einer schwierigen Zeit des Abschiednehmens. Abschied vom Leben, Abschied von den Eltern.
Ein wunderbares Buch.
„Können wir nicht über was anderes reden?“ – Meine Eltern und ich